Dienstag, 12. März 2013

Das ist doch NSBM!

In meiner Zeit, die ich nun mit dem Genuss von Metal und insbesondere Black Metal verbringe, bin ich immer wieder auf Bands, Plattencover und Texte gestoßen, die zum Reflektieren anregen; zum Nachdenken, ob man diese Künstler reinen Gewissens unterstützen kann oder lieber einen Bogen darum macht.

Mein Interesse für Black Metal und die dazugehörige "Philosophie" begann irgendwann im Jahr 2004, als ich das erste Mal die Band IMMORTAL hörte. Die Musik der Norweger hat mich sofort fasziniert - die kalte Atmosphäre gemischt mit schnellen Riffs, maschinengewehrartigen Blastbeats und kreischendem Gesang hat mich gepackt und gleichzeitig gab es hier schon etwas, was mich stutzig machte.

 

Dieser Albumtitel war mir doch etwas befremdlich und bedurfte einiger Recherche. Die Tatsache, dass die Band IMMORTAL in keiner Weise den Holocaust verherrlicht oder gar leugnet, hat mich dann wieder beruhigt.
Im weiteren Nachforschen erfuhr ich die Essenz der Philosophie des moderneren Black Metal - eine insgesamt misanthropische und oft antichristliche, teilweise satanistische Grundhaltung. Diese Einstellung bedingt in vielen Fällen, dass sich Bands im Sinne ihres Hasses auf die Menschheit die Shoa als Exempel für die maschinelle Auslöschung möglichst vieler Menschen nehmen - der politische Aspekt des Faschismus oder Antisemitismus spielt dort ursprünglich noch keine Rolle!


An diesem Stilmittel bedienten sich viele Black Metal Bands der zweiten Phase. Vor Allem im skandinavischen Raum waren Vergleiche zwischen Holocaust und Homizid sehr beliebt. Unter Anderem die Bands MARDUK, MAYHEM, DARKTHRONE oder IMPALED NAZARENE benutzen es sehr gerne, obwohl keine dieser Formationen dem rechten Lager angehört und besonders die zuletzt Genannten sich sogar sehr offensichtlich von jedem faschistoiden Gedankengut distanzieren.
Leider versteht das nicht jeder!


Viele Black Metaller wurden durch die Darstellung der industriellen Menschenvernichtung in den Texten ihrer Bands beeinflusst und gleichzeitig fanden immer mehr rechtspolitische Flachschädel und Neofaschisten zum Black Metal, da sie dort einen neuen Nährboden ahnten. Sogar politische Größen und Funktionäre unterstützten diesen Wandel und Bands wie WEHRHAMMER, TOTENBURG oder NERVENGAS sprossen wie Schleimpilze aus dem Boden.


Im Zeichen der schwarzen Sonne entwickelte sich eine neue Black Metal Szene, die Deutschtum, Ariertum, Blut & Ehre, Neoheidentum, weiße Vorherrschaft oder einfach nur Neofaschismus und Rassismus hochhält. Die größten Sammelbecken für diesen Schwachsinn sind die Vereinigten Staaten von Amerika, Osteuropa, Skandinavien und (welch Wunder) Deutschland.
Dadurch, dass heute Gruppierungen von hirnamputierten Neonazis NOKTURNAL MORTUM, Темнозорь, SIGRBLOT oder einfallsreiche Bandnamen wie S.S. 1488 und HAKENKREUZZUG durch die Landschaft irren, wird es für den Betrachter immer schwieriger, eine Band mit faschistisch anmutenden Stilmitteln oder tatsächlich politisch motivierter Dummheit voneinander zu unterscheiden.


Man fühlt sich hier ein bisschen an die Zeit der Nazipunks erinnert, wo man manche Bands auch erst nach dem dritten Mal durchhören einordnen konnte.

Das Problem, das sich dadurch heute auftut, ist die Stigmatisierung, die Bands wie IMMORTAL oder IMPALED NAZARENE für ihre frühen Werke von beiden Seiten erfahren. Rechtsextreme Hohlkörper feiern deren Musik, obwohl die Bands selber diese Fans nicht haben möchten und Antifaschisten verdammen die Künstler und ihre Musik als neofaschistisches Gedankengut.
 Man könnte jetzt fragen, ob es nicht schlauer gewesen wäre, von vornherein von den provokante Texten und Aussagen abzusehen, weil man damit den ganzen Ärger hätte verhindern können - allerdings ist eine solche Überlegung a posteriori leider nicht mehr sehr effizient.


Persönlich ärgere ich mich sehr, immer wieder hervorragende Bands wir ANGEL CORPSE, ARGHOSLENT oder BLACK WITCHERY zu entdecken, die mich musikalisch höchst faszinieren und dann feststellen zu müssen, dass diese Künstler oft eine enge Bindung zur League of White Supremacy, zu den Hammerskins oder ähnlichen Organisationen haben.

Die Fragen bleiben ohne Antwort, aber stellen sollte man sie trotzdem: Kann man hier Musik und Politik trennen? Kann man begabte Musiker würdigen, deren Lebenseinstellung komplett mit der eigenen widerspricht - insbesondere wenn es um Faschismus geht?

Durch meine Hörgewohnheiten, denen im Black Metal neben "unpolitischem" BM wie DER WEG EINER FREIHEIT, IMPERIUM DEKADENZ oder MELECHESH ebenso angehören wie eine große Sparte des sogenannten RABM (Red and Anarchist Black Metal) und eben auch einige Bands wie LEICHENZUG, ARGHOSLENT und ANGEL CORPSE, müsste man mich wohl als Kryptofaschisten bezeichnen.
Ich hoffe, die meisten Menschen wissen, dass das nicht der Wahrheit entspricht!

Die Devise heißt weiterhin: LOVE MUSIC - HATE FASCISM!





Camaleonte